Fahren unter Cannabiseinfluss – Bundesverwaltungsgericht ändert Rechtsprechung

In Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass bei gelegentlichem Konsum von Cannabis 

eine erstmalige Kfz-Fahrt unter Drogeneinfluss nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis führt. Bis dato mussten auch Gelegenheitskonsumenten bei erstmaliger Auffälligkeit damit rechnen, ihren Führerschein ohne vorhergehende medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) abgeben zu müssen.

Der Fall:

In den beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren war bei Verkehrskontrollen festgestellt worden, dass die jeweiligen Kläger, die gelegentliche Cannabiskonsumenten waren, trotz des vorangegangenen Konsums ein Kraftfahrzeug geführt hatten. Aufgrund der ermittelten Konzentration von 1 ng/ml oder mehr Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum gingen die Fahrerlaubnisbehörden davon aus, dass die Fahrsicherheit der jeweiligen Kläger beeinträchtigt war und ihnen nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung die Fahreignung fehle. Es wurde den Betroffenen deshalb gestützt auf § 11 Abs. 7 FeV und ohne vorherige MPU die Fahrerlaubnis entzogen.

Die Berufung:

Eine hiergegen eingelegte Berufung ist nun erfolgreich gewesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem Fall wie dem zuvor geschilderten die Fahrerlaubnis nicht unmittelbar entziehen darf, sondern zur Einschätzung der Fahreignung ein medizinisch-psychologisches Gutachten benötigt wird. Im Gegensatz dazu hat das Nordrhein-Westfälische Oberverwaltungsgericht in dem bei ihm anhängigen Berufungsverfahren die unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis für zulässig erachtet.

Die Entscheidung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem Fahrzeugführer, der gelegentlich Cannabis konsumiert und erstmals unter dessen Einwirkung ein Kraftfahrzeug geführt hat, in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen darf. Um hierfür eine ausreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage zu haben, bedarf es der Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die Fahrerlaubnisbehörde hat gemäß § 46 Abs. 3 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Anordnung der Beibringung eines solchen Gutachtens und die hierbei einzuhaltende Frist zu entscheiden.

2020-06-15T18:02:32+02:00